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Mediation in Zeiten von Corona

Momentan dreht sich alles in meiner Umgebung um den Virus. Nicht nur in den Nachrichten oder in den Social-Media-Kanälen auch in fast allen Gesprächen geht es darum, wie wir mit der Möglichkeit der Ansteckung und vor allem mit den Einschränkungen des sozialen Lebens umgehen. Die Fragen, die ich heute mit meinen Kolleginnen und Freundinnen diskutiert habe, drehen sich vor allem um den Umgang mit der älteren Generation, um die Betreuung der Kinder, aber auch um die Angst vor finanziellen Verlusten. Die Konflikte der letzten Wochen, rücken erst einmal in den Hintergrund.


Wir fragen uns, wie gehen wir mit der älteren Generation um? Es ist schon traurig, wenn der Großvater an seinem Geburtstag aus Sicherheitsgründen keinen Besuch von den Kindern und Enkeln bekommt und wenn die Töchter bis auf weiteres davon absehen, die Mutter im Pflegeheim zu besuchen, vor allem weil diese nicht mehr versteht, warum der Besuch ausbleibt.


Und wie betreuen und fördern wir in den nächsten Wochen unsere Kinder? Wenn die Kinder in den nächsten Wochen zu Hause bleiben und die Eltern nicht zur Arbeit gehen, droht sicherlich hier und da ein Familienkollaps. Noch schwieriger wird es für die Familien, die getrennt sind und in denen die Kinder zwischen zwei zu Hause hin-und-her pendeln, denn hier müssen die Absprachen der Eltern trotz Belastungen und zurückliegenden Verletzungen einigermaßen gelingen. Hier ist also trotz allem ein gewisses Maß an Kommunikation gefragt und dafür kann es verschiedene Wege geben - beispielsweise die Online-Mediation.


In diesem derzeitigen Ausnahmezustand in unserer Gesellschaft rücken bestimmt einige Konflikte erst einmal im Bewusstsein nach hinten und das kann auch gut sein, um das Drama etwas zu entschärfen. Der eine oder andere Konflikt fühlt sich vielleicht schon nicht mehr so schlimm an, weil gerade andere Probleme viel schwerer wirken. Andererseits verschwinden Konflikte nicht, weil ein Virus unser tägliches Tun lahm legt. Ich denke, dass dies die Zeit ist, in der Video- und Telefon-Mediationen einen enormen Zuwachs haben werden. Es gibt unterschiedliche Tools, die wir für Online-Mediationen nutzen können: Skype kennen wohl die meisten, aber auch über FaceTime, zoom, vitero und andere können wir mit mehreren Parteien relativ einfach eine Konferenzschaltung herstellen und online mediieren. Natürlich fehlt der direkte Kontakt und die Atmosphäre, die wir in der offline-Mediation herstellen können, um gut von der Interessen-Ebene auf die der Gefühle und Bedürfnisse zu gelangen. Um gewisse Abmachungen zu treffen und wichtige Anliegen nicht weiter eskalieren zu lassen, ist diese Form der Mediation auf jeden Fall dennoch sinnvoll und ganz einfach durchzuführen. Die Wege-Zeiten fallen auch weg, was ein eindeutiger Vorteil sein kann (insbesondere wenn nun auch noch der öffentliche Nahverkehr eingestellt wird). Allerdings sollten sich alle Seiten auch für eine Online-Mediation genug Zeit nehmen und einen ruhigen Ort finden, an dem das Netz relativ stabil ist. Der geschützte Raum, der in der Mediation notwendig ist, sollte selbstverständlich gegeben sein - es liegt hier aber an den Konfliktparteien, dafür zu sorgen. Wir Mediatoren werden wie gewohnt darauf achten, dass die Struktur erhalten bleibt, dass beide Seiten gut zu Wort kommen, gegenseitiges Verständnis aufgebaut werden kann, alles Wichtige und Belastende auf den Tisch kommt und das (Zwischen-)Ergebnisse gesichert werden.


Ein begonnener Mediationsprozess kann aus meiner Sicht relativ problemlos online weitergeführt werden. Aber auch neue Beratungsprozesse können auf diesem Weg eingeleitet werden. Bei dem Durcheinander, das durch das Virus entstanden ist, kommt es in vielen Organisationen und Firmen zu Missverständnissen, die bei einer stabilen Kommunikation und bei einer sicheren Beziehungsebene wenig Schaden anrichten. Lief aber vor der Corona-Krise schon einiges auf der persönlichen Ebene schief, kann es sich durch die gerade auftretenden Belastungen zu gravierenden Konflikten hochschaukeln und da ist eine Unterstützung von außen immer hilfreich – und dies kann natürlich auch online sein. Schön wäre es natürlich, wenn der Mediationsprozess dann irgendwann auch face-to-face fortgesetzt und persönlich beendet werden kann.



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