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Frederick als Vorbild für Mediator*innen

Wir Mediator*innen sollten jetzt besonders viel Sonne, Farben und Worte sammeln – wie Frederick!


In den Schlagzeilen und in den sozialen Medien lese ich jeden Tag unterschiedlichste Corona-Zahlen, Statistiken und damit verbundene Ideen noch längerer Beschränkungen versus Lockerungen. Ich pendele zwischen Hoffnung und Besorgnis: Mal habe ich Zuversicht, dass der Corona-Spuk bald ein haben wird, da auch gerade die Sonne scheint und ich die ersten Knospen entdeckt habe und dann wieder verliere ich den Glauben daran, da der Inzidenzwert, der eine Lockerung zulässt, doch noch sehr weit weg erscheint. Und damit einher geht für mich wie für viele momentan eine Neubewertung des eigenen Zustandes und damit verbundene Definitionen von Begrifflichkeiten. Was verstehe ich heute unter Nähe und Distanz? Was verstehe ich unter einem guten Gespräch, wenn ich doch nur noch digital mit meinen Kund*innen, aber auch mit meinen Mädels im Zoom-Chat kommuniziere oder mit einer einzelnen Freundin durch den Wald streifen? Wie ist mein Blick auf Fairness und Gerechtigkeit, z.B. hinsichtlich der Schließungen von Kinos und Theatern bei offenen Kirchen oder bei geschlossenen Sportvereinen im Gegensatz zu den Reisen der FC Bayern München-Spieler nach Katar?


In meinen Mediationen und Coachings beobachte ich, dass die Nerven der Menschen blank liegen. Ein Großteil meiner Kund*innen, die sich noch vor einem Jahr am Rande der Belastungsgrenze befunden haben und über zu viel an Arbeit und Aufgaben geäußert haben, haben inzwischen ihre Grenzen überschritten: Homeschooling, Homeoffice und fehlender Ausgleich durch die Dinge, die das Lebens lebenswert machen, bringt körperliche und seelische Verletzungen mit sich. Es fließen mehr Tränen. Es gibt mehr Krankschreibungen. Es gibt weniger Wohlbefinden. Die Menschen können nicht mehr. Brauchen ein Licht am Horizont. Die Aussicht, einander bald wieder echt begegnen zu können, umarmen zu können und miteinander normal zu sprechen – ohne Maske und mit einem angemessenen Abstand.


Ich gehe davon aus, dass wir Mediator*innen und Coaches bald eine Menge zu tun bekommen. Da gibt es viele zwischenmenschliche Momente aufzuarbeiten, viele Missverständnisse zu klären und in vielen Belangen, eine neue Ordnung, ein anderes Miteinander zu schaffen. Wir werden weiterhin eine Menge remote arbeiten und genießen, dass wir hier und da auf Fahrtwege verzichten können, aber wir werden auch wieder in Präsenz arbeiten und unsere Mediand*innen dürfen sich, nachdem sie sich in einer vertrauensvollen Atmosphäre und bei einem von uns angebotenen Kaffee wieder näher gekommen sind, die Hand reichen. Ich gehe davon aus, dass wir noch sensibler arbeiten müssen als bisher schon, denn die Gesamtsituation führt zu einer Unausgewogenheit, in der Missverständnisse, Verletzungen und Ohnmacht besonders ruhig gespiegelt werden müssen. Behutsamer. Sachter, denn es geht tiefer. Dafür bedarf es aus meiner Sicht eine ganz besondere Stärke und Zuversicht in die eigene Kraft und Ausgeglichenheit. Wir fangen die negativen Emotionen auf, halten die gestresste Atmosphäre, um sie wieder in Harmonie zu leiten. Um den Bedürfnissen gerecht zu werden und neben der Struktur vor allem die Emotionen und Gefühle zu tragen bedarf es einer eigenen psychischen Gesund


heit. Deswegen sollten wir jetzt die Zeit nutzen, um Kraft zu tanken, uns mit Sonne und Wärme zu füllen, Worte und Gedanken tanken und besonders auf uns zu achten, denn die wirklich herausfordernden Zeiten kommen wohl erst noch. Nehmen wir uns die kleine Maus Frederick von Leo Lionni zum Vorbild – für uns und unsere Mitmäuse: unsere Kund*innen!

https://de.wikipedia.org/wiki/Frederick_(Buch)


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